Abend


Abend

Abend

Schwarze Moose.
Erdgeruch in lauen Flocken.
Schmale dünne Silberblüten
Und Gesang von bleichen Glocken.

Welke Feuer löschen leise.
Nur ein Atmen warmer Flut.
Blühend schmelzen rote Meere,
Dunkle Sonnen saugen Blut.

Max Dauthendey
1867-1918

Silvester


silvester

Silvester


Was für ein Jahr!
Wie oft
War es doch wunderbar!

Ich habe geliebt
Ich habe gelacht
Hab Spaß gehabt
Und auch gemacht
Ich habe gehofft
Ich habe geträumt
Und ich hab
Einiges nicht versäumt

Was für ein Jahr!
Wie oft
War ich doch undankbar!

Ich habe gefordert
Ich habe gezankt
Hab Unsinn gemacht
Unsinniges verlangt
Ich habe gehadert
Ich habe gestritten
Und ich hab
Manchen Zweifel geritten

Was für ein Jahr!
Und doch
Es war wunderbar!

Ich hab’ nichts bereut
In vielem Sinn gefunden
Es gab glückliche
Und auch traurige Stunden
Hab’ aus Liebe gelitten
Doch auch aus Liebe gebebt

Und weiß am Ende des Jahres:
Ich habe gelebt!

© evelyne w.

wir wünschen
gute ankunft im neuen jahr!


weihnachtsweg


weihnachtsweg


weihnachtsweg

und wenn du
vor dem kinde stehst
dann werde still
und horche auf das lied
das es dir singt

öffne die augen weit
um sein licht
in deinem blick
zu sammeln

dann breite aus
die decke deiner wärme
und lege an den mantel
der rücksicht und
fürsorglichkeit

und wandere
mit festem schritt
im stiefel des erkennens

den weg den
dir die weihnacht zeigt

© evelyne w.


Es ist Advent


kritzinger-advent


Es ist Advent

Im Tale sind die Blumen nun verblüht
und auf den Bergen liegt der erste Schnee.

Des Sommers Licht und Wärme sind verglüht,
in Eis verwandelt ist der blaue See.

Wie würde mir mein Herz in Einsamkeit
und in des Winters Kälte angstvoll gehen,
könnt ich in aller tiefen Dunkelheit
nicht doch ein Licht in diesen Tagen sehn.

Es leuchtet fern und sanft aus einem Land,
das einstens voll von solchen Lichtern war.

Da ging ich fröhlich an der Mutter Hand
und trug in Zöpfen noch mein braunes Haar.

Verändert hat die Welt sich hundertmal
in Auf und Ab - doch sieh, mein Lichtlein brennt!

Durch aller Jahre Mühen, Freud und Qual
leuchtet es hell und schön:

Es ist Advent!

Friedrich Wilhelm Kritzinger 1816-1890


Zauberer


zauberer


Zauberer

die Bühne dunkel leer
ganz sanft fährt der Beleuchter
die Regler hoch
es glimmt und schimmert
milchig kühl
Kulissen zeigen sich

wie machst du dass
das eng begrenzte
Taltheater
Weite spielt
und fliegt mein Blick
von Zweig zu Zweig
verliert sich
hinterm Nebelgrau

den Schalter umgelegt
strahlt Scheinwerfer und
löst die Schleier
Tag schält sich
aus dem Morgenmantel

das Spiel beginnt

© Uta Lösken

Winter im Sommer


winter im sommer


Winter im Sommer

In ihren Schalen wie Morgensterne die Kastanien,
unpflückbar klein die grünen Äpfel, festgehakt
an ihren Stielen, grün auch der Wein, die harten,
kleinen Trauben im kalten Nacht- und Tagesregen.

Es wird nicht richtig hell und die Tage verkürzen
das graue Licht aus den Wolkenfiltern – es ist
Sommer und wieder nicht, es ist Winter noch
nicht, Herbst liegt versteckt in den Regenrinnen.

Was soll aus uns werden, wenn der erwartete
Zeitenlauf bricht, zerstörte Brücke im Jahresfluss?
Wo stürzen wir ohne Übergang hinaus, wo hin?
Die enttäuschte Erwartung erweckt unsere Kraft.

© Klaus Martens


schämt ihr euch nicht?


scham


schämt ihr euch nicht?

seht nur genau hin!
kinder sinds

die körper klein
gesichter alt
die haltung aggressiv

krieger
der einsamkeit
des schmerzes
waisen
von selbstgerechter
helfers hand

und ihr
im grauen anzug
schüttet das blablabla
über die welt

sendet den hohn
per flugzeug
dorthin
wo ihr die grenzen
dicht macht

und krüppelkinder zeugt
aus abgewandtem blick

es wuchert scham
aus meinem herz
mensch
genannt zu werden
wie auch ihr

© evelyne w.


Gemeinschaftsarbeit zum Kinderwelttag 2010
gegen Kinderarmut, Misshandlung und Kindermissbrauch


gelesen auch als Video bei Youtube

bleiberecht


bleiberecht


bleiberecht

gegen herzleere zeit
und mondänen
worthülsengebrauch
spreche ich

gegen das gesetz
das mitgefühl
verwässert und trockenlegt
spreche ich

gegen die selbstgefälligkeit
und ignoranz
der politiker
spreche ich

mich
laut und deutlich
für das recht
des bleibens
aus

© Gabriele Pflug
aus aktuellem Anlass


kirschensehnsucht


kirschensehnsucht


kirschensehnsucht

an ihn mich lehnen
wie an den kirschbaum
der in meinem garten steht

ihn so umfangen
wie den stamm
der stark und sicher
meine tränen nimmt

aus ihnen blüten treibt
bis seine früchte
mich umlächeln

wild oder zärtlich
neugierig oder verschmitzt
fragend und doch so sicher
dass ihre süße
meinen tag verwöhnt

© evelyne w.


herzhaut


herzhaut


herzhaut

nein kein herz
tatöwier ich auf
die haut mir keinen
pfeil hindurch auch
deinen namen nicht

auf meiner herzhaut
steht er aber längst
mit engels pfeilen
tief hinein geritzt
seit jahren schon


© Beatrix Brockman

menschen.los


menschenlos


menschen.los

dann bläst die
trostlosigkeit
durch die gassen
in denen farben sich
im nichts verloren

wo nur graphit
regiert
nicht einmal
graffiti

wo fenster
auf den schmutz
unter den tritten
starren

von denen niemand sieht
wie sie den kindern
die zukunft
aus den hirnen treten

stumm schreien sie
mit leerem blick

doch bleibt die gasse
menschen.los


© evelyne w.


Wenn


wenn


Wenn

Wenn ich dich liebe,
dann liebe ich dich heiß.

Meine Liebe hat überlebt
in Gletscherspalten,
wo gläserne Herzen,
Stalaktiten der Sehnsucht,
klirrend zerbarsten
im ewigen Eis.

Meine Liebe hat überlebt
in Orkanaugen,
wo zerfetzte Herzen,
Rahsegel der Zukunft,
tosend untergingen
im endlosen Ozean.

Wenn ich dich liebe,
dann liebe ich dich ganz.

© Volker Knapp-Diederichs


seifenblase


seifenblase


seifenblase

er stand auf einer riesigen seifenblase
und spiegelte sich darin

verwundert wie ein kind
sah er mit großen augen
die herrlichen farben

er setzte sich hin
und hielt sich fest
an dem blau
das rosa schimmerte

so flog er nun
mit der großen seifenblase
in die welt
der schwebenden träume

über dem niemandsland
der sehnsucht
fiel er in den see des vergessens

man fand ihn am tag nach trinitatis
er meinte
er wäre eine seifenblase

© tronje hagen kemper


Es ist Zeit


es ist zeit


Es ist Zeit

Es ist mir so fremd geworden
das Licht
nach so viel Winter und Nacht
in der meiner Haut
ein Frostkleid wuchs
und meine Seele
lange Schatten warf
Lege deine Hand
auf meine Augen
dass der Tag mich nicht blendet
und atme das Kleid fort
Längst ist es Zeit
dass die Schatten
in die Sonne fallen

© Monika Wegscheider


scherbentanz


scherbentanz


scherbentanz

barfüßig über eisblumen
laufen was das zeug hält
du bist einfach so kalt
geworden und alltag
steht dir nicht

blickst herzverschlossen
durchs gefrorene während
ich mit bloßer haut
mein leben freischmelze

© elsa rieger

Die LYRIC GALLERY

Liebe Lyrik-Freunde!
Leider habe
ich in den letzten Jahren
viel zu wenig Zeit
für diese Seite gefunden.
Deshalb werde ich sie nun
"einfrieren“.
Da aber so viele schöne
Texte drauf sind,
lösche ich sie nicht,
sondern bestücke sie
nur nicht weiter.
Viel Freude beim
Immer-Wieder-Lesen!

Eure evelyne w.

Kommentare

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Ich hab mich von dem Schock noch gar nicht erholt,...
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